Lese- und Schreibwerkstatt der Grundschule Markt Bibart

 

 

Grundlegung und Leitgedanken zur Lese- und Schreibwerkstatt

 

 

Unsere Grundidee
Am Anfang der gesamten Überlegungen zu einer Lese- und Schreibwerkstatt stand unser Anliegen, den Lese- und Schreibprozess der Schüler zu fördern. Die Aspekte des individuellen Zugangs, einer reichen motivationalen Umgebung sowie einer offenen sozialen Umwelt standen für uns dabei schon frühzeitig als Schwerpunkte fest. Die Weiterentwicklung dieses Ansatzes fand schließlich ihr Ziel im Aufbau unserer Lese- und Schreibwerkstatt in ihrer heutigen Gestalt. Dass dabei noch weitere wesentliche Schwerpunkte hinzukamen, resultierte aus verschiedenen Überlegungen. So können die Ziele lange nicht mehr nur auf die Lernbereiche Lesen und Schreiben eingegrenzt werden, sondern umfassen neben möglichen spezifischen Fachthemen vor allem grundlegende Bildungs- und Erziehungsaufgaben.

 

1. Zielsetzungen aus den Lernbereichen „Texte verfassen“ und „Lesen und mit Literatur umgehen“

Folgende Lernziele werden unabhängig vom jeweiligen Sachthema in der Lese- und Schreibwerkstatt verfolgt:
1 / 2.2.3 Wörter, Sätze und Texte erlesen und verschriften
Sätze und kurze Texte lesen und verstehen (leise lesend den Inhalt entnehmen; Gelesenes auf Stimmigkeit überprüfen)
Wörter und Sätze für Leser aufschreiben
  1 / 2.2.4 Lese- und Schreibfähigkeit in vielfältigen Situationen anwenden und vertiefen
Stilles, genaues und sinnverstehendes Lesen üben
    Kleine Texte flüssig und sinngestaltend vortragen
    Selbstständiges Lesen als Bereicherung erfahren
Für sich und andere Texte schreiben und gestalten
  1 / 2.3.1 Texte verfassen
    Texte schreiben
1 / 2.5.1 Leseinteresse entwickeln
    In den verschiedenen Stationen unserer Lese- und Schreibwerkstatt sind die aufgeführten Lernziele enthalten. Dass hierbei manche mehr auf den Lernbereich der 1. oder 2. Jahrgangsstufe abzielen stört dabei nicht. Vielmehr bietet sich somit die Gelegenheit den Grundgedanken des Lehrplans, nämlich einer individuellen Förderung der Schüler über die Grenzen der Jahrgangsstufen hinaus, sinnvoll umzusetzen.
    Neben diesen beiden Lernbereichen erfährt aber auch der Bereich „Sprechen und Gespräche führen“ eine wichtige Rolle. Sowohl im Arbeitsprozess wie auch der abschließenden Reflexionsrunde sind vielfältige Ziele dieses Bereichs enthalten.

 

2. Weitere Zielsetzungen

    Wie bereits erwähnt werden aufgrund der Organisationsform sowie der Auswahl spezieller Sachthemen weitere Zielsetzungen angestrebt. Hierbei handelt es sowohl um grundlegende Leitlinien des Lehrplans sowie vielfältiger fächerübergreifender Bildungs- und Erziehungsziele. Ebenso werden verschiedene andere Fachbereiche miteinbezogen. Die folgende Auflistungen soll eine Übersicht geben.
  Grundlagen und Leitlinien (Kapitel I)
    1.1  Entwicklung der Persönlichkeit
    „Die Kinder sollen lernen, das eigene Können richtig einzuschätzen, ....“
    1.2   Grundlegende Bildung
„Lesen, Schreiben und Rechnen als elementare Kulturtechniken sind zentrale Bildungsaufgaben der Grundschule und ermöglichen den Kindern, sich zunehmend selbstständig wichtige Lebensbereiche zu erschließen.“
    2.2 Lernprozess
    „Damit die Eigenverantwortung der Schüler gestärkt wird, brauchen sie Gelegenheit, selbstständig zu arbeiten und Lernwege zu erproben.“
    2.4 Differenzierung und Individualisierung
    „Differenzierender und individualisierender Unterricht orientiert sich am Leistungsspektrum der Klasse und soll auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, auf den Leistungsstand der Schüler sowie ihre Fähigkeiten und ihr Lerntempo abgestimmt werden.“
    2.5 Gemeinsam Lernen
    „In einem kind- und zeitgemäßen Unterricht hat neben der Individualisierung auch das gemeinsame Lernen große Bedeutung.“
  Fächerübergreifende Bildungs- und Erziehungsziele (Kapitel II A)
   

Medienerziehung: „Neben Büchern, Zeitschriften,...., beeinflussen in zunehmenden Maße Medien wie Fernsehen, Video und Computer das tägliche Leben der Kinder. (...) Insbesondere die Arbeit mit dem Computer im Unterricht, z.B. beim Verfassen freier Texte,...., eröffnet vielfältige neue Möglichkeiten zur Medienerziehung.“

   

Soziales Lernen und grundlegende politische Bildung: „Im Sinne einer politischen Grundbildung werden in der Grundschule soziale Lernprozesse initiiert und unverzichtbare Werte menschlichen Zusammenlebens erfahrbar gemacht. Durch die Förderung sozialer Verhaltensweisen wie Rücksichtnahme, Verantwortungsbereitschaft,..., werden die Schüler auf ein Leben als Staatsbürger in einer demokratischen Gesellschaft vorbereitet.“

   

Sprachliche Bildung: „Vielfältige, zum differenzierten, situations- und partnerbezogenen Sprachgebrauch auffordernde soziale Situationen unterstützen die Förderung von Kommunikationsfähigkeit. (...) Die sichere Verwendung der deutschen Sprache in Wort und Schrift ist leitendes Prinzip des gesamten Unterrichts.“

  Fachlehrpläne (Kapitel III)
   

Je nach ausgewähltem Sachthema lassen sich Ziele anderer Fächer anstreben. So können beispielsweise Themen aus dem Heimat- und Sachunterricht vertieft werden.  Aber auch in Musik- und Kunsterziehung lassen sich Schwerpunkte aufgreifen und bieten Anlässe zum Gestalten.

 

3. Organisation
Unserem Grundgedanken, den Lese- und Schreibprozess möglichst individuell zu fördern und dabei das Moment der sozialen Kompetenz mit einzubeziehen, folgte sehr schnell der Entschluss, die Werkstatt klassenübergreifend zu gestalten. Neben der freien Wahl bezüglich des Anforderungsniveaus, wollten wir das gegenseitige Lernen anregen. Durch die Zusammenarbeit von Erst- und Zweitklässlern, bzw. schwächern und leistungsstärkeren Schülern, bieten sich neben inhaltlichen und methodischen auch vielfältige soziale Lernanlässe. Hier können Arbeitstechniken (Arbeitsaufträge genau lesen, Umgang mit dem Computer) ausgetauscht werden und Anleitungen zur Verbesserung der eigenen Lese- und Schreibfähigkeit geleistet werden (Schreiben zu einem Bild).
Ein weiterer Schwerpunkt ist uns das eigenverantwortliche Arbeiten. Hierzu erhalten die Schüler in der Lese- und Schreibwerkstatt einen großen Freiraum, den sie selbstständig nutzen können. Es ist ihnen sowohl die Wahl der Sozialform wie auch die Auswahl der Übungsstationen freigestellt. Sie müssen lediglich innerhalb eines mehrwöchigen Themenbereichs Übungen zum Lesen und Schreiben machen. Um die eigenen Leistungen für die Kinder besser zu veranschaulichen, notieren sie die bearbeiteten Stationen selbstständig in einem Übersichtsplan. Vielfältige Arbeiten, vor allem aus dem Bereich des Schreibens, werden außerdem gesammelt und am Ende des Themas in Form einer kleinen Ausstellung gezeigt.
Der gemeinsame Abschlusskreis ist ebenfalls ein Anlass für die Kinder, ihre geleistete Arbeit zu reflektieren.
Neben den inhaltlichen Schwerpunkten des Lesens und Schreibens wollen wir auch die Arbeitstechniken und Verhaltensweisen bei den Schülern ins Bewusstsein  rücken. Dazu werden schrittweise wichtige Regeln eingeführt und hinsichtlich ihrer Bedeutung besprochen. Jede Arbeitsstunde steht ein Aspekt im Mittelpunkt. Dieser wird im Anfangskreis gezeigt und beim gemeinsamen Abschluss reflektiert. Nach der Einführung der uns wichtigen vier Regeln kann in späteren Stunden immer wieder eine davon heraus gestellt werden.

 

4. Konkrete Umsetzung
Im folgenden sollen kurz die verschiedenen Stationen der Lese- und Schreibwerkstatt aufgezeigt werden. Unabhängig vom jeweiligen Sachthema werden diese immer wieder eingesetzt. Die Kinder kennen somit die verschiedenen Übungen zunehmend sicherer und es bedarf keiner ständigen neuen Einführungen. Natürlich können schrittweise weitere Stationen hinzu kommen, die sich aus Erfahrungen als sinnvoll einfügen lassen. Abschließend sind noch die uns wichtigen Verhaltensregeln aufgeführt.
  Stationen zum Lesen
    1. Vorleseecke: Hierbei lesen jeweils zwei Erst- und Zweitklässler drei Zuhörern eine thematisch passende Geschichte vor. Sowohl das Vorlesen, wie auch das Zuhören mit anschließender Rückmeldung wird geschult.
    2. Stolperwörtertexte: Durch das Einfügen zusätzlicher überflüssiger Wörter in Sätze, wird die Sinnerfassung der Schüler beim Lesen überprüft. Zwei verschiedene Schwierigkeitsgrade bieten eine zusätzliche Differenzierung.
   

3. Sachtexte mit Fragen: Sachtexte zu dem jeweiligen Themengebiet erhöhen das Fachwissen und schulen mit den anschließenden Fragen die Fähigkeit der Informationsentnahme aus Texten. Auch hier besteht eine Differenzierung durch zwei Schwierigkeitsgrade.

   

4. Das habe ich noch nicht gewusst: Kuriose Besonderheiten aus dem Sachgebiet werden in kurzen Informationstexten erklärt. Die Schüler sollen dann eine davon in eigenen Worten wieder verschriften (Arbeitsblatt mit dem Titel „Das habe ich noch nicht gewusst“). So bietet diese Station eine direkte Verknüpfung von Lesen und Schreiben.

   

5. Anweisungen zum Malen: Die Schüler gestalten Bilder nach vorgegebenen Anweisungen vollständig aus.

   

6. Fachbegriffe: Die Bedeutung spezieller Fachbegriffe aus dem Themengebiet wird hier geklärt. Neben der Schulung der Lesefähigkeit ist somit auch ein Wissenserwerb angestrebt.

   

7. Stimmt denn das? Hier erhalten die Schüler zu bestimmten Gegenständen verschiedene Behauptungen, aus denen sie dann die zutreffenden herausfinden sollen. Damit ist ebenfalls ein Wissenszuwachs gegeben.

   

8. Leseecke: In der bereits vorhandenen Leseecke des Klassenzimmers ist die Station eingerichtet, die ein freies Lesen zulässt. Es stehen verschiedene Bücher zum Thema zur Auswahl. Die Schüler wählen sich selbstständig eines und lesen darin. Um ein zielloses Blättern zu vermeiden, berichten die Kinder dieser Station im Abschlusskreis von ihren Lektüren.

  Stationen zum Schreiben
   

1. Koffergeschichten: In einem alten Koffer sind verschiedene Gegenstände enthalten. Die Kinder wählen sich daraus drei aus und verfassen eine Geschichte dazu.

   

2. angefangene Geschichten beenden: Passend zu einem Bilderrahmen ist der Anfang einer Geschichte vorgegeben. Die Schüler schreiben diese weiter.

   

3. Schreiben am Computer: Beim Schreiben am Computer können die Kinder völlig frei eine Geschichte oder einen Sachtext zum Thema verfassen. Diesen gestalten sie anschließend mit selbstgewählten Schriftarten, Farben, Bildern und Rahmen. Hier arbeiten immer jeweils ein Erst- und Zweitklässler zusammen. Neben der Förderung der Schreibfähigkeit wird auch die Arbeit mit dem Textverarbeitungsprogramm geschult.

   

4. Rätsel verfassen: Zum jeweiligen Thema verfassen die Schüler kleine Rätsel. Damit wird die Form einer Beschreibung geschult.

   

5. Gedichte schreiben: An dieser Station haben die Kinder verschiedene Auswahlmöglichkeiten Gedichte zu verfassen. Es stehen einfache Formen zur Verfügung, bei denen nur passende Reimwörter eingesetzt werden müssen. Bei anderen sollen die Kinder selbstständig weiterdichten. Und schließlich gibt es auch die Möglichkeit völlig frei ein Gedicht zu verfassen.

   

6. Bücher gestalten: Die Kinder gestalten leere gebundene kleine Büchlein selbstständig aus. Sie können dazu ausgelegte Bilder zum Thema verwenden und verfassen kleine Texte dazu.

  Verhaltensregeln in der Lese- und Schreibwerkstatt
                  

 

Bilder aus der Lese- und Schreibwerkstatt der 1. und 2. Klasse (Juni.2005) (aktualisiert: 29.06.2005)

 

Letzte Aktualisierung am 29.06.2005